Große Ferien 29 – Coda 3

Noch etwas mehr als hundert Kilometer …, dann münden die großen Ferien in einer Ankunft. Seit Wochen habe ich keine deutschen Zeitungen mehr gelesen, keine deutschen Nachrichtensender gehört, die „deutschen Themen“ komplett ignoriert. Jetzt, so kurz vor der Rückkehr, macht sich das alles wieder unangenehm breit. Selbst die Sportmeldungen hinterlassen einen leichten, beklemmenden Ekel. Am meisten aber Nachrichten über Menschen, die sich im öffentlichen Raum fortlaufend aufspielen. Es kostet richtiggehend Anstrengungen, dem zu entgehen und sich in die Büsche zu schlagen. Aber es lohnt sich.

Andererseits gibt es auch die schönen Seiten der Ankunft. Das Wiedererkennen. Die erneuerten Kontakte zu den alltäglich treuen Dingen, die sich seit Jahren an ein und demselben Ort befinden. Das hat etwas Tröstliches, als wäre die Erde kaum in Bewegung.

Und die alten Freunde? Tja, mit wem nehme ich wieder (und wann?) Kontakt auf? Keine leichte Frage. Eine Distanz von ein paar Wochen tut einer Freundschaft meistens sehr gut. Was aber, wenn die Freunde sich so verändert haben, dass die Freundschaft leiden oder Kratzer bekommen könnte?

In der Kindheit passierte das gar nicht so selten. Selbst beste Freunde erschienen nach einem für Wochen abgebrochenen Kontakt plötzlich wie sehr fremde Gestalten, die längst auf anderen Fährten unterwegs waren und einen seltsam veränderten Geschmack ausgebildet hatten. Man musste sich erst wieder aneinander gewöhnen – und manchmal klappte das nicht mehr, und die Freundschaft ging ein für alle Mal in die Brüche.

Herrgott, ich sollte nicht mit so dunklen Gedanken zurückkehren. Vielleicht hat ausgerechnet P mir eine Blume vor die Haustür gestellt, die ich jetzt den Herbst hindurch zum Blühen animieren darf. K könnte mir ihre neue CD in den Briefkasten geworfen haben. Ganz zu schweigen von A, die vielleicht einen Kuchen oder … – ich höre hier lieber mal auf. Morgen bin ich wieder zu Hause.