Der Schreibtisch (in Zeiten des Coronavirus 13)

In „normalen Zeiten“ hätte ein Buch über die Schreibtische von Schriftstellerinnen und Schriftstellern wohl vor allem all jene beschäftigt, die sich für Aspekte des Kreativen und Literarischen Schreibens interessieren. Sie hätten sich Aufschlüsse über die Produktionsprozesse des Schreibens und die wenig bekannten, konkreten Facetten von literarischer Kreativität versprochen und genau danach gefahndet.

Klaus Siblewski, ein „Urgestein“ unter den Lektoren unserer Zeit (er hat jahrzehntelang für den Luchterhand-Verlag gearbeitet und in diesen Jahren so unterschiedliche Autorinnen und Autoren wie Günter Grass, Ernst Jandl, Peter Härtling oder Terézia Mora betreut), hat nun aber ein Buch über „Schreibtische“ veröffentlicht, das in den Zeiten des Coronavirus eine ungeahnte Aktualität erhält (Es kann nicht still genug sein. Schriftsteller sprechen über ihre Schreibtische. Kampa Verlag).

Der „Schreibtisch“ ist in den detaillierten Gesprächen, die Klaus Siblewski mit zehn Autorinnen und Autoren geführt hat, nicht nur der jeweilig benutzte. Er ist eher eine Metapher für all die Aktionen, die das Schreiben betreffen:  An welchen Schreibtischen schreibt man was? Wie viele kommen überhaupt ins Spiel? Welche Bewegungen entwickeln sich um diese Tische herum? Welche Flucht- und Arbeitsmanöver? Wer und was ist alles daran beteiligt?

Ein vergleichbares Buch kenne ich nicht. Und das liegt vor allem daran, dass Siblewski hartnäckig und genau fragt und jeder noch so kleinen Spur nachgeht: Was liegt so alles auf einem Schreibtisch? Wozu dient es? Wann wird es benutzt? Wann weggeräumt? Mit wem wird am Schreibtisch gesprochen? Wird an ihm gegessen, getrunken? Welche Bindungsattacken gehen von ihm aus?

Was alles der Erforschung der Leitfrage dient: Wie organisieren Schriftsteller Leben und Arbeit?

Aktuell ist ein solches Buch auf den ersten Blick. Es könnte helfen, die Tätigkeiten zu Hause zu strukturieren – und zwar nicht nur solche des Schreibens, sondern generell Lebensprozesse, die eine klare Struktur, einen Verlauf, Höhepunkte, Verweilphasen und besondere Intensitäten brauchen.

Um ein Beispiel aus diesem wunderbaren (und regelrecht beflügelnden) Buch zu geben, lese ich einen Ausschnitt aus dem Gespräch, das Klaus Siblewski mit mir geführt hat: