Der schönste Raum in einem Kölner Brauhaus ist die Schwemme ganz vorne am Eingang. Die frische Luft von draußen durchströmt diesen Durchgangskanal zum eigentlichen Lokal, und nur wenige Meter, zum Greifen nahe, steht das schwere Fass, aus dem das frisch gezapfte Kölsch unablässig fließt. Hat man sein Glas geleert, fliegt ein gefülltes sofort heran, man wartet keine Sekunde, sondern wird von einer Mutterbrust unablässig versorgt. Man trinkt, saugt und bekommt den Blick nicht weg von dem sich immer schräger neigenden Fass, von seiner Rundheit und Massivität, aus dem der hellblonde Quell pausenlos in ein Glas nach dem andern schießt. In der Schwemme bin ich mit diesem Mutterstrom direkt verbunden, deshalb bin ich dort auch gerne allein, weil man ein so intimes Dasein mit der Mutter nicht gerne mit anderen teilt. Begleitet mich ein guter Freund, verhalten wir uns nicht zufällig wie zwei flapsige Brüder. Begleitet mich eine Freundin, gibt es meist leichte Spannungen, weil Freundinnen mit nahen Müttern nicht gut auskommen. Am liebsten trinke ich hier also ohne Begleitung, es gibt kaum einen Ort auf der Welt, an dem sich die Lebensverhältnisse wie von selbst, nur durch den regelmäßigen Zustrom der heimischen Muttermilch, wieder klären. (Aus: Was ich liebe und was nicht)