Gestern sah ich (auf Arte, noch bis zum 2. Juni in der Mediathek) einen Dokumentarfilm von William Karel (aus dem Jahr 2011) über Philip Roth, der am 22. Mai im Alter von 85 Jahren gestorben ist. Es ist ein guter Film, der sich völlig auf den Schriftsteller und seine Erinnerungen konzentriert und ohne jedes Drumherum auskommt. Man sieht also vor allem Roth selbst, gescheit, pointiert und selbstironisch erzählend. So berichtet er von den Anfängen seines Schreibens, den ersten Erfolgen und wie er sich sein Leben lang durch die Arbeit am Text gebunden fühlte. Nichts Schöneres als das Schreiben – und nichts, was ihn von Tag zu Tag mehr beansprucht. Mit den Jahren macht es aus ihm einen völlig auf die nächste Geschichte und das nächste Buch ausgerichteten Menschen, der das sonstige Leben als Begleitkulisse versteht. Kurze Seitenblicke gelten vor allem der Arbeit seiner geschätzten Kollegen (Bellow, Malamud, Hemingway, Faulkner). Als käme es darauf an, vor allem in diesem kleinen Kreis zu bestehen und sich danach auch im Alter noch zu behaupten. In den letzten Jahren hat Roth nicht mehr geschrieben, sondern die, wie er sagte, „großen Texte“ der Weltliteratur noch einmal in Ruhe gelesen. Um sich selbst einzuordnen und zu vergleichen? Nein, eher, um die Großen aus der Emphase gereiften Lesens heraus noch einmal zu ehren. Was für ein nobler (und für Roth sehr charakteristischer) Gedanke! Und was für ein beeindruckender, großherziger Schriftsteller!