Heute stehe ich noch immer so stark unter den Nachwirkungen der gestrigen Buchpremiere, dass ich über kaum etwas Anderes länger nachdenken kann. Eine solche Premiere besteht ja nicht nur aus einer Lesung sowie einer Selbstmoderation, sondern auch aus den vielen Begegnungen mit Leserinnen und Lesern danach. Fast immer ergeben sich aus diesen Gesprächen neue Kontakte und Themen, die ich später auf irgendeine Art weiterverfolge.
Eine Leserin spricht davon, dass sie in diesem Sommer mit einem Segelboot allein durch die Ägais gefahren sei; eine andere erzählt von einem Hotel in Saloniki, in dem sie vor Jahren einem bekannten griechischen Autor begegnete; eine dritte bringt mir eine CD mit selbst eingespielten Klavierstücken russischer Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts mit; ein etwas älterer Mann berichtet, dass er vor Jahrzehnten in der Geodätengruppe meines Vaters mitgearbeitet habe (er wird mir noch Fotografien schicken); ein Lehrer schenkt mir eine Mappe mit Kurzgeschichten seiner Schülerinnen und Schüler, die sie nach Ideen meines Buches Der Stift und das Papier geschrieben haben – und ein junger Gymnasiast spricht von dem Altgriechisch-Unterricht, den er seit drei Jahren erhält und der ihn so beschäftigt, dass er ernsthaft daran denkt, später Altgriechisch und Latein (seine „Lieblingssprachen“) zu studieren.
Schon allein das zuletzt genannte Thema löste in mir eine Flut von Erinnerungen aus, denn Latein war einmal auch eine „Lieblingssprache“ von mir, zu Beginn der Gymnasialzeit. Wie weit das zurückführt … – bis zu den Tagen, als ich einen Satz wie „gallina clamat“ noch als eine Offenbarung von klarem, eindeutigem, unverwechselbarem Sprechen empfand! Genaueres darüber morgen, wenn mein Kopf die tausend neuen Themen sortiert hat und wieder etwas freier ist …