Sloterdijken nennt man das Vergnügen, das sich Leserinnen und Leser nach Lektüre der Notizen des Philosophen Peter Sloterdijk (Neue Zeilen und Tage. Notizen 2011-2013, Suhrkamp Verlag 2018) machen, indem sie Gestus und Tonlage dieser Aufzeichnungen in eigenen Texten kopieren oder variieren. Ich habe es mal spaßeshalber versucht …
Wer wie Humphrey Bogart die Schau in die Augen der Geliebten als conditio sine qua non der Annäherung versteht, verlässt sich auf die alten Momente des visuell-platonischen Eros einer begeisterten Schau im Trotz gegen alle aristotelischen Anmaßungen.
Mit Gundula im Trois lignes zu Abend gegessen. Gespräch über die Dreifaltigkeit, als Übersetzung der Lehre von den drei Wegen, mit deren Hilfe die Römer sich das Recht herausnahmen, die vernünftige Mitte zugunsten der Seitenwege elegant zu umgehen.
Lies einen trefflichen Schnupfen in meinen Naseröhren aufschnaubend wirken, als sollte ich noch einmal Dampf ablassen und Bakterienkraft tanken wie in den frühsten Kindertagen.
Die Morgenstunde, in der ich meinen Schreibtisch aufsuche, kennt kein Vergehen. Indem ich den Stift erhebe und ansetze zur Schrift, stehen die Uhren still wie in Horazens Gedichten aus seinen Landgütern nahe Rom. Und ganz wie dort sind die Götter spätestens am Mittag nicht weit. PW kam vorbei.
Ich werde in die Geschichte eingehen als einer der ersten Philosophen, die das Rennrad zu ihrem Gefährt und seine Tempi zu den modularen Ordnungen des eigenen Denkens erklärten. (Seit ich Alpe d’Huez bezwang, zweifle ich nicht mehr an der Notwendigkeit, Themen in Serpentinenfolgen zu bramabasieren. Die Abfahrt freilich muss anders verlaufen: bedenkenlos, im ruppigen Geiste Voltaires.)
Odilo von Schmackes ahnte bereits in seinen Zehn Beleuchtungen der Astralsphäre der Philosophie (1632), dass der morgendliche Sonnenaufgang einmal zum Fluxus perpetuus der Herdenarbeiter des Industriezeitalters werden würde. Wie gern wäre ich ihm in Nürnberg begegnet, um mit ihm an der Seite Galileis über das Lautenwesen des Universums zu sprechen! (Ist schon jemand der Spur nachgegangen, dass Galileo Galilei in der experimentellen Werkstatt seines Vaters die Physik des Lautenspiels ergründete?)
Es gibt ein sich überstürzendes Denken, das ohne Blick für seine eigene Hektik immer aufs Neue in einem Berliner Hinterhof landet, um dort den Müll der Zeit nach den Kategorien der Abfallentsorgung zu ordnen. (Gerade die borniertesten Systematiker sind der Gefahr ausgesetzt, ihm bedenkenlos zu verfallen.)
Aß mit Nike ein Stück Käsekuchen Piemonteser Herkunft. Wunderte mich über ihr Vergnügen am Geschmack der in Portwein getauften Rosinen. Schalt sie ein wenig, da sie aufs Alter zu den Purismus der Jugendtage hinter sich lässt, als habe der Süden alles Recht, sie zu ihren betuchten Tänzerinnen zu zählen. (O Stunde des Glücks!, rief Nietzsche, der getauften Rosinen ein Leben lang nicht über den Weg traute, als die heimatliche Wurst aus dem Norden per Post auf dem Engadiner Tisch seiner Wandererfantasien landete.)
(Heute auch in der FAZ, Beilage „Natur und Wissenschaft“, S. 3)