Blitzgeburten

Ich spüre sehr genau, in wenigen Sekunden, wenn ich von Musik, Malerei, einer Fotografie, einem Film oder einem Text angesprungen werde. Es ist eine plötzliche, heftige Inbesitznahme, als verliebte ich mich unerwartet in jemanden, der mir eigentlich sehr fremd ist.

Warum das so geschieht, weiß ich nicht. Ich kann dazu nichts sagen, höchstens soviel, dass es nichts mit den üblichen „Kenntnissen“ zu tun hat, die man sich aneignet und oft ins Spiel bringt, wenn es um Artefakte geht. Ich folge keinen Lobesworten anderer, und ich folge erst recht keiner didaktischen Aufgeblasenheit.

Es ist viel einfacher und schöner: Ich sehe hin, ich höre zu, ich lese – und es ist um mich geschehen. Ich bin „weg“, im Reich meiner Gefährten und Zauberer, die mich danach ein Leben lang nicht mehr loslassen werden.

Vielleicht wurde ich seit den Kindertagen auf unentdeckte Art durch solche Eruptionen geführt. Ohne sie zu begreifen oder mir länger zu vergegenwärtigen. Ja, es könnte sein, dass genau diese hinreissenden Blitzgeburten es letztlich waren, die mich vor allem am Leben erhalten haben.