Die Passion der Farbe

In einem längeren Artikel für die FAZ (4. Januar 2021) hat Marc Zitzmann von einem Besuch bei dem französischen Kulturwissenschaftler Michel Pastoureau erzählt. Dessen großes Thema ist die Geschichte der Farben: welche Bedeutung und Geltung sie in den verschiedensten Epochen der Geschichte hatten und wie diese Zuweisungen sich veränderten.

Die Farbe Blau zum Beispiel hatte erstaunlicherweise in der Antike keine herausragende Bedeutung, erst im frühen christlichen Mittelalter wurde sie stark konnotiert (Farbe des Marienmantels, hoher Rang in den Kleiderordnungen etc.). Heute ist sie in Europa sogar die Lieblingsfarbe seiner Bewohner.

Nachlesen kann man diese aufschlussreiche Geschichte in Pastoureaus Buch Bleu – Histoire d’une couleur, die im Wagenbach-Verlag auch in deutscher Übersetzung durch Antoinette Gittinger erschienen ist (Blau – Geschichte einer Farbe).

Erweitern und anwenden ließe sich diese kulturgeschichte Perspektive aber auch so, dass man nach den subjektiven Farbpassionen eines jeden Menschen fragt: Welche Farben haben mich in meinem Leben besonders begleitet/animiert/verfolgt? Und in welchen Zusammenhängen (Ereignisse/Kleidung/Räume/Dinge etc.) haben sich solche Passionen entwickelt?

Ginge man diesen hoch interessanten Fragen nach, schriebe man seine eigene Geschichte des Farbenspektrums,  bezogen auf eine private Vita. Auch so ließe sich eine Biografie also erzählen, entlang eines selbst gewählten Leitfadens…

Michel Pastoureau hat das gereizt, und er hat es getan – in seinem mit einem hohen französischen Literaturpreis ausgezeichneten Essay-Buch Les Couleurs de nos souvenirs (englische Version: The Colours of Our Memories)…