Seit 1979 bin ich auf Lesereisen, jedes Jahr, meist im Frühjahr und Herbst. Früher habe ich damit auch Reisen in Städte und Gegenden verbunden, die ich noch nicht besonders gut kannte. Dann bot die Lesung eine Gelegenheit zu einem ersten Kennenlernen, und ich konnte mir überlegen, ob ich wiederkommen wollte, um mir dies und das genauer anzuschauen.
Oft bin ich tagsüber in Kirchen, Museen und Galerien gegangen, und wenn es gut ausgestattete Bibliotheken gab, habe ich sie aufgesucht und in einem Lesesaal zumindest eine halbe Stunde Ruhe gefunden.
In Großstädten wie München, Hamburg oder Berlin entdeckte ich bei häufigeren Aufenthalten Räume und Orte, die mir besonders gefielen, weil ich mich in ihnen auf unkomplizierte Weise „zu Hause“ fühlte. Meist trugen zu diesem seltsam künstlichen Heimatgefühl bestimmte Reizmomente bei, die mir eine bestimmte Illusion vorgaukelten.
In Hamburg verschafft mir das Interieur des Restaurants Cox im Georgsviertel nahe dem Hauptbahnhof eine solche Illusion. Die schmalen Zweiertische mit roten Ledersitzen wirken besonders da einladend, wo sie eine kleine Flucht bilden, die zu den Fenstern und damit zur Straße (Lange Reihe) hinleitet. Ein wenig Paris schwingt in dieser Illusion mit, als wäre das Cox ein französisches Bistro im Jugendstil.
Meist bleibe ich an solchen Orten etwa zwei Stunden. Wo lebe ich während dieser Zeit? Nicht in Hamburg, sondern in Fantasien, in denen die Dinge, Menschen und Szenen von sich aus erzählen. Sollte ich ein Buch mit den kleinen Texten veröffentlichen, die an solchen Orten wie nebenbei entstehen? Und, wenn ja, wie sollte ich es nennen?
Liebe Leserinnen und Leser dieses Blogs, ich warte auf Ihre Vorschläge…